Workshop „Aggressivität und Sexualität bei mehrfach behinderten hörgeschädigten Jugendlichen und Erwachsenen“ (2009, Plau)

Ein tolles Erlebnis war die Veranstaltung des Elternverbandes hörgeschädigter Kinder Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. zum Thema:

 

„Aggressivität und Sexualität bei mehrfach behinderten hörgeschädigten Jugendlichen und Erwachsenen“

 

Diese Veranstaltung, wurde vom 16.10. bis 18.10.2009, in Plau am See im Hotel Klüschenberg durchgeführt. Durch das angenehme Ambiente im Hotel und die sehr gute Betreuung und Verpflegung, konnten sich die Teilnehmer auf sich selbst und besonders auf den Kurs konzentrieren. In den Pausen und in den Abendstunden wurden die Teilnehmer nicht müde. Sie nutzten die Gelegenheiten für einen intensiven Erfahrungsaustausch. Zu dieser Veranstaltung kamen Teilnehmer aus den verschiedensten Regionen unseres Landes.

 

Durch die finanzielle Förderung durch die Goerdt-Stiftung war es möglich das Thema den unterschiedlichsten Interessengruppen anzubieten und für die hörgeschädigten Teilnehmer eine durchgängige barrierefreie Kommunikation anzubieten.

 

Die Referentin Dr. Anja Dietzel aus 50968 Köln, Markusstr. 77,
Fachberatung zu Sexueller Gewalt gegen hörgeschädigte Kinde, sorgte für interessante und lebendige Tage. Durch die aktive Mitarbeit und der Neugier der Teilnehmer, entwickelte sich schnell ein intensives und zielorientiertes Arbeiten.

 

Die am Beginn der Tagung durchgeführte Vorstellungsrunde zeigte, dass eine Mischung von Hörgeschädigten und hörenden Teilnehmer, Eltern, Großeltern, Jugendliche anwesend waren, die selbst Betroffene (familiäre Bindungen) oder professionell mit mehrfach behinderten hörgeschädigten Umgang haben (Lehrer, Sozial-Pädagogen, Psychotherapeuten, Erzieher).

 

Die Erwartungen der Teilnehmer an den Arbeitsladen waren:

  • Wissensvermittlung
  • Meinungsaustausch
  • Anregungen zum Umgang

Diese bunte Mischung von Teilnehmern mit den unterschiedlichsten Kommunikationsformen und selbst Betroffenen und Professionellen machten diesen Workshop zu etwas Besonderen.

 

Im ersten Teil des Arbeitsladens wurde das Thema Aggressivität erarbeitet unter den Gesichtspunkten:

  • Was ist aggressives Verhalten?
  • Beispiele für aggressives Verhalten
  • Auswirkungen von aggressiven Verhalten

Die Erarbeitung erfolgte in Kleingruppen mit anschließender Großgruppenarbeit. Breiten Raum in der Diskussion nahmen die Ursachen für aggressives Verhalten ein. In diesen Zusammenhang wurde auch deutlich, dass nicht jede Aggression destruktiv ist und dass aggressives Verhalten auch immer Ausdruck einer inneren Not des Aggressors ist.

 

Daraus ergibt sich die dringende Sinnhaftigkeit möglichst durch Prävention die Entstehung aggressiver Impulse zu verhindern. Im weiteren Schritt wurden mögliche Deeskalationsstrategien vorgestellt und besprochen. In diesem Zusammenhang wurde die Notwendigkeit von Fall- und Teamsupervision hervorgehoben, um so eine Möglichkeit zur Reflektion eigenen Erlebens und Verhaltens zu haben.

 

In einer weiteren Einheit wurden die Begriffe Opfer und Täter vorgestellt und diskutiert. Täter können auch frühere Opfer sein. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Häufigkeit sind nicht signifikant. Im weiteren Verlauf wurde auf die Spezifik bei gehörlosen mehrfach.Behinderten eingegangen, die darin besteht, dass das gesellschaftliche Umfeld eher ablehnend gegenüber von sexuellen Bedürfnissen ist und die Möglichkeiten der betroffenen Gruppe, Sexualität auszuüben, eingeschränkt ist. Die Versagung/Frustration der sexuellen Bedürftigkeit von mehrfachbehinderten gehörlosen Menschen ist eine wesentliche Quelle von sexueller Gewalt.

 

Das Risiko von sexueller Gewalt ist in der benannten Gruppe aus folgenden Faktoren höher:

  • Größere Abhängigkeit
  • Sprachlosigkeit
  • Emotionale Bedürftigkeit
  • Fehlende Informationen
  • Soziale Defizite
  • Erhöhter Kontakt zu Erwachsenen

 

Die Teilnehmer trugen in Kleingruppenarbeit die Folgen sexueller Übergriffe und die Anzeichen von sexuellen Übergriffen. Den Teilnehmern wurden Handlungsmöglichkeiten bei Verdachtsfällen vermittelt.
Wichtigste Prophylaxe vor sexueller Gewalt ist die Entwicklung einer selbstbewussten Persönlichkeit und das Ermöglichen von sexuellen Beziehungen (Sexualassistenz und Sexualbegleitung).

 

Breiten Raum nahm die Meinungsbildung ein, ob mehrfach behinderte gehörlose Jugendliche Kinder bekommen sollten oder nicht. Dies wurde von den Teilnehmern kontrovers diskutiert.

 

Die Tagung wurde ergänzt durch Spiele und Übungen, wie mit mehrfach behinderten gehörlosen Kinder/Jugendliche und Erwachsene eine Sexualerziehung erfolgen konnte.

 

In der abschließenden Rückmeldungsrunde der Teilnehmer wurde deutlich:

  1. Ungeheure Bereicherung, weil auch eine Gruppe Gehörloser an der Tagung teilnahm
  2. Ungeheure Bereicherung, weil auch eine Gruppe Hörender an der Tagung teilnahm
  3. Die Teilnehmer fühlten sich sicherer, wissender und kompetenter mit dem Thema Sexualität und Aggression in ihren jeweiligen sozialen Bezug umzugehen.
  4. Die Leitung des Arbeitsladens durch die Referentin wurde gelobt.
    Die Tagung kann als voller Erfolg gewertet werden.

 

Die Goerdt-Stiftung hat es ermöglicht, dass diese Veranstaltung mit diesem hohen Niveau und den guten Rahmenbedingungen im Hotel realisiert werden konnte.

 

Im Namen des Elternverbandes hörgeschädigter Kinder und den Teilnehmern der Veranstaltung danken wir der Goerdt-Stiftung!

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